Auch die iPhone-Klasse freut sich heute auf das Update zum iOS4. Da wir aber das 3G haben, werden die Änderung wohl nicht so gross sein. Die Schülerinnen und Schüler bloggen freiwillig über das Update auf einer WordPress-Seite.
Schulalltag
Der Schlafphasenwecker meines iPhones weckte mich heute wieder viel zu früh, aber das Aufstehen gelingt einfach besser, wenn man nicht in einer Tiefschlafphase vom Wecker erwischt wird. Das Programm „Sleep Cycle“ wurde mir von einem Schüler empfohlen – er nutzt es auch.
Auf dem Weg in die Schule werfe ich einen Blick auf die Statusmeldungen der Schülerinnen und Schüler.
Es ist unschwer zu erkennen, dass das gestrige 1:0 gegen Spanien an der WM alle bewegt hat. Dank den Statusmeldungen erfahre ich oft, was die Kinder so interessiert oder was sie beschäftigt. Schon manch gutes Gespräch ist dadurch entstanden. Unterwegs werden natürlich auch noch die Mails kurz gecheckt und das 20Min kurz kontaktiert.
In der Schule eröffne ich einen neuen WordPress-Blog, auf welchem die Schüler über die Neuerungen des iOS4 ab Montag berichten sollen, anschliessend bereite ich den Wochenplan der nächsten Woche vor.
Ein Viertelstunde vor Schulbeginn mahnt mich eine Erinnerung auf dem iPhone, doch noch ins Lehrerzimmer zum morgendlichen Kaffee zu gehen.
Nach dem ersten Läuten der Schulglocke gehe ich ins Zimmer zurück und werde von stolzen Schweizern empfangen – viele erzählen von ihren Erlebnissen während und nach dem Match, einer zeigt mir stolz ein Video der Huptour durch unser Dorf nach dem Natisieg. Einer zeigt mir eine Karrikatur zum Match, die er am Morgen heruntergeladen hat:
Es gäbe wohl noch viel zu erzählen, aber Wochenplanarbeit steht an und da muss ich die Schüler kaum zur Arbeit mahnen – es ist ihre Zeit und die wollen sie nutzen. Zwischen dem Erklären und Korrigieren mache ich einen kurzen Rundgang: einige arbeiten im Heft, andere schreiben am PC einen Text (und einer schaut gerade auf dem iPhone-Duden ein Wort nach), mehrere lernen Französischvokabeln, einige machen Kopfrechnen am iPhone. Eine Schülerin hört einen französischen Text auf dem iPod und löst die Übung dazu im „Cahier d’exercices“. Vor dem Schulzimmer liest ein Schüler einen Text, um ihn mit dem Voicerecorder aufzunehmen und anschliessend an mich zu mailen. Eine Schülerin übt das aktuelle Diktat via Podcast und ich ermahne sie, dass Einzelarbeiten nicht im Gruppenraum gelöst werden sollen.
Dazwischen synchronisiere ich immer wieder iPhones, denn ich möchte für den Launch des iOS4 am Montag gerüstet sein – wir sind alle gespannt, was für ein „altes“ 3G noch herausschaut.
Auf einem Elternbrief, den ich archivieren muss, hat eine Mutter noch eine Frage hingeschrieben: „Ich gehe davon aus, dass du für die Kontrolle zuständig bist.“ Ich überlege, wie ich nun der Mutter mitteilen soll, dass das so i.O. ist. Soll ich ein SMS schreiben, sie anrufen, auf den Zettel schreiben und den morgen wieder zurückverlangen? Die Schülerin hat die Idee: „Schreiben sie es hin, ich mache ein Foto und zeige es meiner Mutter.“ Perfekt – das gibt für mich keine Arbeit!
Der Wecker läutet und mahnt uns, das Schulzimmer zu wechseln (Handarbeit und Werken steht an). Die halbe Klasse geht in ein anderes Schulhaus, die anderen mit mir in den Werkraum. Dort spielt das iPhone kaum eine Rolle. Ich bin aber erstaunt, dass keiner auf die Idee kommt, die Lösung für die Aufgabe (Auto mit Parallelsteuerung) zu googeln. Bald läutet es zur Pause, einige checken noch schnell die Emails und gehen dann nach draussen. Das iPhone bleibt wie immer drinnen. Nach der Pause arbeiten alle intensiv an der Arbeit, am Ende werden noch einige Arbeiten fotografiert, damit sie zu Hause gezeigt werden können.
Es läutet, die meisten gehen nach Hause, aber einige bleiben noch und zeigen sich die neuesten Apps. Heute speziell zur WM. Dank den Schülerinnen und Schülern lerne ich viele Apps kennen, die ich auch brauchen kann. Das tolle daran ist: sie suchen fast ausschliesslich kostenlose Programme. Drei Schüler spielen noch ein virtuelles Fussballspiel – die Schweiz gewinnt mehrmals hochaus (wenn das nicht ein gutes Omen ist).
Nachdem alle gegangen sind, entdecke ich zwei iPhones in der Ladestation. Einige lassen die Geräte jeweils im Schulzimmer – manchmal sogar über das Wochenende! Nach dem letzten Wochenende zeigte mir einer sein iPhone und sagte verschmitzt: „Schauen sie mal, was passiert, wenn man das iPhone hier lässt.“ Er hatte elf Anrufe in Abwesenheit. Das ist ja unspektakulär, aber sein Umgang damit schon: Er wollte gar nicht wissen, wer es war, sondern begann am Wochenplan zu arbeiten. Ich könnte das nicht.
Nach dem Mittag treffen wir uns unüblicherweise im Nachbardorf. Ein Kind weiss nicht mehr genau wo und fragt mich per WhatsApp. Ich sende gleich allen eine Stecknadel (Ort auf der Karte) per Mail. Alle waren dort.
Auf dem Weg nach Arth proben wir den Wurf mit dem im Werken hergestellten Bumerang. Einige kriegen es nicht so gut hin und wissen nicht genau, wie die Haltung und Stellung beim Wurf ist. Ich sende ihnen dann noch ein Bild mit den Wurfpositionen und Korrekturmassnahmen.
In Arth besuchen wir die Galerie Meier und schauen die Ausstellung von meinem ehemaligen Zeichnungslehrer Franz Bucher an. Er ist begeistert, wie die Schüler die Bilder fotografieren und wie sie den Auftrag erfüllen. Anschliessend stellt sich der Künstler einem Interview, welches ich mit den Schülern am Vortag vorbereitet habe. Es sind fünf offene Fragen und die Antworten entsprechend ausführlich. Die Kinder werden dieses Interview nächste Woche niederschreiben – wir haben das bereits einmal mit einem fingierten Interview geübt. Damit sie sich erinnern können, nehmen sie das Gesprochene auf – es sah etwa aus, wie an einer wichtigen Pressekonferenz …
Im Anschluss an die fünf vorbereiteten Fragen wollen die Kinder noch ganz viel wissen. Franz Bucher stellt fest, dass die Kinder ein rechtes Vorwissen über ihn zu haben scheinen. Ein Schüler klärt auf: „Ich habe sie eben heute morgen noch gegoogelt!“
Nachdem alle ins Gästebuch geschrieben haben, lobt Franz Bucher die Schüler überschwänglich, wie sie sich interessieren, wie anständig sie waren und wie toll sie seien. Ein Lob, das auch mir sehr gut getan hat! Nach einer kurzen Rückschau auf den Nachmittag entlasse ich die Kinder vor der Gallerie und sie dürfen alleine nach Hause gehen. Eine Schülerin mahnt alle noch, dass es gemäss Niederschlagsbild der Landi-App bald regnen könnte. Ein Schüler verkündet, dass Argentinien mit 4:1 führt, ein anderer beginnt gleich auf BlickTV live mitzuschauen (die haben das wirklich erst nach dem Gallerie-Besuch nachgeschaut!).
Ich habe anschliessend noch erfahren, dass einige das „Mama-Taxi“ angerufen haben – werde das noch thematisieren müssen, denn ich finde, sie hätten ruhig laufen können! Schade, dass es Eltern gibt, die nicht merken, dass sie ihren Kindern mit diesem Gefallen eigentlich keinen Gefallen tun.
Unterwegs unterhalte ich mich mit einigen Schülern über Fussball, Orientierungslauf, den Europapark, die Brüche, die Schulverlegung und …. nicht über das iPhone. Als ich zu Hause ankomme, erhalte ich eine SMS eines Kindes, welches sich für den tollen Nachmittag bedankt. Später noch eines einer Schülerin, die mir vergessen hat zu sagen, dass sie morgen später in die Schule kommt, weil sie noch einen Zahnarzttermin hat.
Jetzt sitze ich da und schreibe dieses Posting. Es wirkt unwirklich, wie das iPhone in den Tagesalltag integriert ist. Manchmal kommt es mir fast etwas banal vor. Es ist kein Hype um das Gerät vorhanden, sondern es wird einfach eingesetzt, wo man es brauchen kann oder wo es Spass macht. Trotzdem scheint mir, dass die Kinder auch ohne das Gerät sein können. Ich glaube, da wächst eine Generation heran, die uns den Umgang mit digitalen Begleitern vorführt.
Persönliche iPod Touch für Achtjährige
Heute bin ich gleich auf zwei europäische Schulprojekte aufmerksam gemacht worden, bei denen persönliche Handhelds vom Typ iPod Touch zum Einsatz kommen:
- Peter Sykora in Wien (Zeitungsartikel)
- Peter Barrett in England (Weblog-Posting mit Video:)
Diese Projekte zeigen, dass wir auch in Europa nicht komplett alleine mit unseren Ideen sind und dass sich persönliche Handhelds bereits bei Achtjährigen sinnvoll nutzen lassen. Ich freue mich auf den Austausch mit verwandten Projekten!
(Danke für die Hinweise an Peter Micheuz und Beat Küng)
Regionaljournal Zentralschweiz besucht iPhone-Klasse
Das Regionaljournal Zentralschweiz von Schweizer Radio DRS interessierte sich für die Erfahrungen der Projektschule Goldau nach 9 Monaten mit persönlichen iPhones. Michael Zezzi hat darum am Montagmorgen nach den Frühlingsferien die Klasse 5c besucht und daraus einen zehnminütigen Radiobeitrag gemacht. Darin kommen Schülerinnen und Schüler, der Klassenlehrer sowie der Projektleiter zu Wort.
P.S.: Im Beitrag wird nur Schweizerdeutsch gesprochen. Ein besonderer Genuss für ausländische Zuhörerinnen und Zuhörer :-).
Update: Am Samstag, den 22.05.2010 und Sonntag, 23.05.2010 wurde in der Sendung Regional – Diagonal eine dreiminütige Kurzversion des Beitrags gesendet.
Kunst mit iPhone
Das Bildnerische Gestalten verbrachte ich mit der Klasse in der Galerie Meier in Arth. Die Bilder des Wiener Malers Awad Krayem haben die Schüler sofort fasziniert (Diese Ausstellung dauert übrigens noch bis 8. Mai 2010).
Aus der, auf den ersten Blick ungegenständlichen Malerei in verschiedenen Farbtönen mit meist einer dominierenden Grundfarbe, entwickeln sich beim genauen Betrachten Figuren. So entdeckt man z.B. in einem Bild ganz viele Ziegen und in einem anderen Gemälde kommen Menschen zum Vorschein. Raffiniert, abstrakt und doch sehr lebendig.
Nach dem Austausch von den verschiedenen Eindrücken und Vorlieben, gab ich den Kindern den Auftrag, ihr Lieblingsbild zu fotografieren und mit Hilfe des Programms „Color Magic Deluxe“ auf ihrem iPhone zu verändern, bzw. die für sie wichtige Details hervorzuheben. Diese Arbeit machte allen Spass und die Auseinandersetzung mit der Arbeit des Künstlers war dadurch viel intensiver.
Hier ein paar Beispiele zur Ansicht:
Ist das geschlossene, proprietäre iDevice-System sinnvoll für Schulen?
Seit Beginn des iPhone-Projekts wird die Wahl des iPhones als Plattform für persönliche Smartphones in der Schule kritisiert. Neben den bereits diskutierten, eher auf der konkreten technischen Produktebene liegenden Fragen
gibt es kritische Fragen auf einer abstrakteren, längerfristigeren Ebene, welche die derzeitige Firmenpolitik von Apple betreffen.
iDevices als proprietäres, geschlossenes Ökosystem
Das iPhone, und alle derzeit mit dem iPhone OS laufenden Geräte aus dem Hause Apple (im folgenden der Einfachheit halber als iDevices bezeichnet) verwenden ein Betriebssystem, das technisch und lizenzrechtlich gewissen Einschränkungen unterliegt. Die Firma Apple definiert und kontrolliert was mit dem Gerät möglich ist und welche Software darauf laufen darf. Der AppStore von Apple ist der einzige legale Ort, um zusätzliche Programme auf iDevices zu laden. Die Firma Apple übt damit eine massive Gatekeeper-Funktion aus. Sie definiert nicht nur, welches Betriebssystem auf den iDevices läuft, sondern hat auch die ausschliessliche Kontrolle darüber, welche zusätzlichen Programme auf den iDevices laufen dürfen. Damit ist die Situation im Vergleich zu PCs massiv restriktiver geregelt. Obwohl die Firma Microsoft derzeit bei PCs sowohl bei den Betriebssystemen als auch bei Office-Programmen eine marktbeherrschende Stellung innehat, steht es allen PC-Nutzenden offen, sowohl alternative Betriebssysteme (wie z.B. Linux) oder beliebige Programme (z.B. OpenOffice) zu installieren.
Gesellschaftspolitische Perspektive
Zahlreiche Experten kritisieren diese dominante Gatekeeperfunktion der Firma Apple im Bereich des immer wichtiger werdenden Bereich des mobilen Internets. Prominenter Vertreter dieser Kritik ist Jonathan Zittrain, der im Jahr 2008 das Buch The Future of the Internet and how to stop it (siehe Biblionetz) veröffentlicht hat.
Zittrain vertritt darin die Ansicht, dass die letzten dreissig Jahre unter Umständen eine bald wieder verschwindende Phase der Offenheit von Informations- und Kommunikationstechnologie darstelle, wenn gesellschaftspolitisch kein Gegensteuer gegeben werde. Die ersten PCs hätten es erlaubt, dass Dritte Software entwickeln und (kostenlos oder gegen Entgelt) zur Verfügung stellen konnten. Geschlossene Netzwerke wie CompuServe oder AOL hätten sich nicht gegen das offene Netzwerk Internet behaupten können. Diese offenen Systeme hätten Innovation gefördert, weshalb sie Zittrain auch als generative Systeme bezeichnet. Bei generativen Systemen besteht keine zentrale Steuerung oder Kontrolle, offene Standards und Schnittstellen ermöglichen es theoretisch allen, Systeme weiter zu entwickeln und an eigene Bedürfnisse anzupassen, ein Gedanke der insbesondere von der Open Source-Community sehr hoch gehalten wird. (Die entsprechende Diskussion ist auch beim Erscheinen des iPad diesen Monat wieder aufgeflammt, siehe z.B. Cory Doctorow: „Why I won’t buy an iPad (and think you shouldn’t, either)“ )
Im Bildungsbereich ist die OLPC-Initiative (One Laptop per Child) das Paradebeispiel für diese Überlegungen: Mit einem quelloffenen System sollen Entwicklung- und Schwellenländer nicht von proprietären Systemen von kommerziellen Unternehmen abhängig gemacht, sondern zur eigenen Weiterentwicklung der Systeme befähigt werden.
Zittrain sieht nun mit geschlossenen Systemen wie dem iPhone, der XBox aber auch Plattformen wie Facebook diese generative Offenheit gefährdet und bezeichnet diese geschlossenen Systeme auch als gated communities des cyberspace. Diese geschlossenen Systeme würde Innovationen behindern und insbesondere die Kontrolle über diese in der Gesellschaft immer wichtiger werdenden Ökosysteme wieder in die Hand einzelner Grosskonzerne legen.
Gewisse Kritiker sehen nun im iPhone-Projekt einen gefährlichen Hinweis auf eine falsche Tendenz im Schulbereich. Die Schule erfordere Offenheit und es sei eine gefährliche Entwicklung, zunehmend geschlossene Systeme im Bildungsbereich einzusetzen.
Informatik-didaktische Perspektive
Neben diesen gesellschaftspolitischen Überlegungen bestehen auch informatik-didaktische Überlegungen (die schlussendlich aber ebenfalls einen gesellschaftspolitischen Hintergrund haben): Geschlossene Systeme wie das iPhone würden die Menschen zu reinen Bedienerinnen und Bedienern der Geräte degradieren, da eine eigene Programmierung praktisch verunmöglicht werde. Während früher interessierte Jugendliche auf dem eigenen Computer Programme entwickeln und so ihr Interesse an Informatik entdecken konnten, werde dies mit den zunehmend geschlossenen Systemen immer schwieriger. Der Informatik-Professor Mark Guzdial (siehe Biblionetz), u.a. prominenter Mitentwickler von Squeak, der Programmierumgebung für Kinder, fragte deshalb Mitte 2009 besorgt, welche Auswirkungen der Werbespruch There’s an app for that auf das Informatikinteresse von Kindern und Jugendlichen haben werde. Seine Sorge wird von anderen Informatik-Didaktikern (z.B. hier) geteilt, die ebenfalls befürchten, dass niemand mehr hinter die Kulissen von ICT blicken wolle, aber auch gar nicht mehr könne.
Auftrieb hat diese Diskussion Mitte April 2010 erfahren, als Apple das Programm zum Abspielen von Scratch-Programmen aus dem App-Store entfernt hat (siehe Diskussion im Scratch-Forum). Apple verbietet konsequent alle Möglichkeiten, ausserhalb der von Apple zur Verfügung gestellten Entwicklungsumgebung Programme für iDevices zu entwickeln. Damit entfällt die attraktive Möglichkeit, dass Kinder und Jugendliche ihre selbst (am Computer) entwickelten Programme auf dem iPhone oder iPod Touch laufen lassen und zeigen können. Das Verbot des Scratch-Players zeigt exemplarisch im Bildungsbereich die Problematik von Gatekeepern mit Monopolstellung in ICT-Ökosystemen.
Ökonomische Perspektive
Ebenfalls ins Feld geführt wird der finanzielle Aspekt. Während bei Open Source keine Lizenzkosten anfallen, könnten diese gerade im Bereich des One-to-One-Computing in der Schule zu einem beträchtlichen Kostenfaktor werden.
Argumente für geschlossene Systeme
Neben marktwirtschaftlichen monopolistischen Motiven, welche der Firma Apple vorgeworfen werden gibt es durchaus auch technisch-organisatorische Überlegungen, die für geschlossene Systeme sprechen. Softwarequalität sowie Kompatibilitätsprobleme können aus Sicht des Gatekeepers bei geschlossenen Systemen eher kontrolliert werden als bei offenen Systemen. Insbesondere bei Apple, wo grosses Gewicht auf Design und Usability bzw. ease of use gelegt wird, kann es wichtig sein, alle Software auf den Produkten zu kontrollieren, um der Gefahr von schlechten Nutzungserfahrungen vorzubeugen.
Warum nun iPhones für das Pilotprojekt?
Die oben aufgeführten Bedenken bezüglich proprietärer, geschlossener Systeme waren uns bereits bei der Vorbereitung des Projekts bewusst und sind weiterhin Aspekte der laufenden Diskussionen. Die Wahl der iDevice-Plattform hatte für das vorliegende Pilotprojekt mit persönlichen Smartphones auf der Primarschulstufe grosse Vorteile: In einem eurpoaweit bisher einzigartigen Projekt, in welchem es nicht um Technik, sondern um Inhalte und alltägliche Nutzung gehen sollte, war eine reibungslos funktionierende, leichtwartbare, zukunftsträchtige und für Primarschülerinnen und -schüler sofort verständliche und nutzbare Plattform essenziell wichtig. Zum Zeitpunkt der Plattformwahl stellte die iDevice-Plattform die beste Lösung dar. Bei allen anderen damals verfügbaren Smartphoneplattformen war das Surfen auf dem Web, das Installieren zusätzlicher Software etc. aus Sicht von PrimarschülerInnen und einer Lehrperson komplizierter.
Die Wahl von iPhones für das vorliegende Pilotprojekt bedeutet jedoch keineswegs, dass wir die derzeitige iDevice-Plattform in ihrer jetzigen Ausprägung als allgemein für Schulen geeignet empfinden und eine breite Nutzung empfehlen würden. Im Gegenteil sehen auch wir die oben genannten Aspekte als problematisch an und denken, dass hier diesbezüglich vor einer breiten Nutzung noch einige Überlegungen angestellt werden müssten.
re:publica 2010
Vom 14.-16. April fand zum vierten Mal in Berlin die re:publica statt. Die Konferenz über Blogs, soziale Medien und die digitale Gesellschaft wird von newthinking communications und dem Spreeblick Verlag veranstaltet. Die re:publica 2010 war mit über 2.500 Teilnehmer ausverkauft. Die Veranstaltung fand parallel in den benachbarten Orten Friedrichstadtpalast, Kalkscheune und im Quatsch Comedy Club in Berlin-Mitte statt.
Geboten wurden mehr als 150 Stunden Programm an drei Tagen auf bis zu acht Bühnen parallel. In mehr als 120 Vorträgen, Workshops, Diskussionsrunden und Events werden zahlreiche Facetten der digitalen Gesellschaft diskutiert.
Eine Subkonferenz mit dem Namen re:learn wurde von Jöran Muuss-Mehrholz organisiert. Es ging darum, ob auf digitalem Weg Trojaner für eine veränderte Lernkultur in die Bildungsinstitutionen einziehen.
- die iPhone-Klasse (Goldau), Christian Neff
- die Laptop-Schule (Berlin), Martina Godesa, Sandra Anusiewicz-Baer
- die Blog-Schule (Köln), André Spang, Roman Deeken
In ihrem Blog hat Lisa Rosa eine schmeichelnde Zusammenfassung (Drei Leuchtturmschulen hacken die Bildung) der re:learn verfasst – danke für die Komplimente! Dem kann ich kaum etwas anfügen, erspare mir gerne die Arbeit 😉
Doch noch einige Punkte und Statements meinerseits (ungeordnet):
- Jöran Muuss-Mehrholz ist aufgefallen, dass alle Schulen Ihr Projekt eher mit latent zurückhaltender Vorsicht vorgestellt haben. Er geht davon aus, dass alle ihre Projekte sonst an Orten vorstellen müssen, wo nicht eine grundsätzlich positive Haltung gegenüber neuen Medien vorhanden ist. An der re:learn war es eher so, dass die Besucher es unverständlich finden, wenn in der Bildung neue Medien nicht eingesetzt werden.
- Lisa Rosa griff den Aspekt auf, dass mit neuen Medien arbeitende Schulen oft von einem Optimierungsgedanken ausgehen. Das Bestehende muss mit anderen Mitteln schneller oder effizienter gelöst werden. Bei unseren drei Projekten sah sie mehr eine Transformation von Bildung, nicht eine Optimierung der bestehenden Inhalte. Diesen Gedanken empfinde ich als sehr hilfreich in der Planung zukünftiger Projekte. Es geht nicht (nur) darum, bestehendes anders zu machen, sondern auf neue veränderte Situationen einzugehen (dazu fand ich heute einen interessanten Text von Allan Guggenbühl in der NZZ, darin geht es auch um eine veränderte Situation, worauf wir in der Schule eingehen müssen).
- Einmal mehr sehe ich die Macht der (Print-)Medien. Sie hören mehr oder weniger zu und schreiben etwas, drucken es ab und fertig. In der Stuttgarter-Zeitung wurde ich gleich zum Projektleiter erhoben, aber abenteuerlich waren andere Behauptungen betreffend Filter und Klagen. Die Berliner Morgenpost hat zwar besser recherchiert und auch direkt Beat Döbeli interviewt, aber bereits im Titel merkt man, dass ein zentraler Punkt unseres Projekts nicht verstanden wurde. Wir ersetzen mit dem iPhone nicht die Schulbücher, sondern nutzen es als zusätzliches Gerät im Unterricht.
- Jeff Jarvis fragte sich, warum wir im Netz nicht offener sind (in die Saune gehen wir auch nackt …)? Die ganze Diskussion um das „Privatsphären-Paradox“ regt mich zum Denken an. Transparenz hat auch ihre Vorteile!
Bei der Blog-Schule kam die Frage auch auf, warum denn der Blog öffentlich sei. André Spang stellte die Gegenfrage: „Warum nicht?“ Seine Schüler arbeiten viel genauer und überlegter, wenn sie wissen, dass ihr Resultat einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich ist. - Erstmals war ich an einer Konferenz, wo twittern selbstverständlich ist und ich habe nach früherer Skepsis nun Gefallen daran gefunden (für Followers: #cenego). Initialzündung zu meinem Umdenken waren wohl die wohlwollenden Kommentare auf meinen Vortrag …
Speziell waren natürlich die Twitterlesung und der Einsatz einer Twitterwall bei den Vorträgen – für mich ein neues Erlebnis.
Für mich war die re:publica 2010 ein grosses Erlebnis und wird mich lange begleiten. Ich habe neue Personen, neue Ideen, neue Ansichten kennenlernen dürfen.
Für Interessierte gibt es einen reduzierten Foliensatz des Referats (in der Originalpräsentation hatte es noch Videomaterial) – ich finde aber, dass das PDF den Vortrag nicht wiedergeben kann.
Was mir übrigens auch noch bleibt:
- Auch Profis haben Probleme mit Hardware: Das W-Lan war absolut unzuverlässig und am ersten Tag sollen 12 Router „gschmolzen“ sein.
- Berlin ist eine tolle Stadt!
- Soll ich nun Facebooken oder Twittern – oder beides?
- Ich hatte unglaubliches Glück, dass ich mit einem der letzten Flugzeuge von Berlin aus nach Hause fliegen konnte. Als ich in Zürich ankam, war der Flughafen Berlin wegen der Aschewolke bereits geschlossen …
- Bildung wird sich immer verändern (müssen)
iPhone-Dock aus Holz
Endlich sind sie fertig – unsere selbstgebauten iPhoneständer mit Rotationsmöglichkeit. Stolz präsentieren die Kinder ihr Werk:
17 Stück, ein Exemplar schöner als das andere …
Und so sieht es in Aktion aus:
Auf die Idee für diese anspruchsvolle Werkarbeit kam ich dank einem Post im Herbst letzten Jahres bei iPhone-Ticker. Im Sommer habe ich dann einen Prototypen erstellt und einen Plan gezeichnet. Seither haben wir im Werkunterricht übertragen, gesägt, geschliffen, gebeizt, wieder geschliffen, lackiert und zusammengesetzt. Es war eine anspruchsvolle Arbeit für die Kinder und einige brauchten auch noch die eine oder andere Hilfe. Aber im Grundsatz hat jeder sein iPhone-Dock selber hergestellt und entsprechend stolz sind die Kinder.
iPhone oder iPad
Die Berichterstattung rund um das iPad hat auch einige meiner Schülerinnen und Schüler interessiert und wir haben in der Folge darüber gesprochen. Ein klasseninterne Umfrage ergab, dass die Hälfte der Schülerinnen und Schüler ein iPad gegenüber dem iPhone bevorzugen würden, wenn sie denn wählen könnten. Es war eine interessante Diskussion über die Vor- und Nachteile der beiden Geräte. Hier eine Liste der meistgenannten Punkte:
iPad-Befürworter
- es hat grössere Tastatur
- es ist so dünn
- Fotos kann man auch mit der Kamera machen und mit dem Connector aufs iPad laden
- alle Apps (ausser Tel und SMS) laufen auf dem iPad auch
- man müsste zwar mehr tragen, aber das würde sich lohnen
- man kann besser E-Mails und Texte lesen
- man kann Fotos grösser anschauen
- es hat einen grösseren Bildschirm
- es ersetzt das iPhone und das Laptop – man muss kein schweres Laptop tragen und hat trotzdem einen grossen Bildschirm
- man kann die Spiele gross spielen
- wenn man es verliert, kann man es leichter wieder finden
- man kann Bücher darauf lesen
- es ist schneller
iPhone-Befürworter
- das iPad ist zu gross
- man kann mit dem iPad nicht telefonieren
- auf dem Pult hätte das iPad keinen Platz
- man braucht zum Transportieren einen Koffer oder Rucksack
- das iPad hat keine Kamera
- das iPhone kann man einfacher nach Hause nehmen
- im Notfall könnte ich damit Hilfe holen
Interessant an der Diskussion fand ich, dass die iPad-Befürworter tendenziell die Vorteile des neuen Geräts hervorhoben und die iPhone-Befürworter die Nachteile des iPads gegenüber „ihrem“ iPhone. Wir kamen aber zum Schluss, dass es sehr schwierig sei, sich für das eine oder andere Gerät zu entscheiden. Mir ginge es auch so, denn auf beiden Seiten kann ich Vor- und Nachteile für den Unterricht ausmachen. Aus dem Bauch heraus würde ich momentan dem iPhone wegen seiner kompakten Grösse eher den Vorrang geben.
Stammbaum
Family Tree
Diese App ist kostenlos (Im Moment nicht mehr im App-Store)
Im Französisch nehmen wir die Verwandschaftsbezeichnungen durch. Im Arbeitsheft sollen die Kinder dazu einen Stammbaum mit Bildern und Namen füllen. Die vorgegebenen Ahnenbilder an diesem Stammbaum passen wohl kaum zu vielen Familien …
Bisher habe ich das mit familyone.de, geni.com oder ancestry.fr gelöst . Dies benötigte relativ viel Zeit für Erklärung, Registrierung und Ausdruck.
Mit FamilyTree ist es möglich, die Verwandschaftsbeziehungen der eigenen Kontakte aus dem iPhone grafisch darzustellen.
Das sieht dann etwa so aus:
oder etwas gezoomt so:
Die Erarbeitung kostete nicht viel Zeit und wir konnten mehr für die mündliche Präsentation (in französischer Sprache) aller Familien einsetzen, was sehr interessant war und uns gegenseitig auch wieder etwas näher brachte.
Es gibt noch diverse Stammbaum-Programme, die viel mehr können und auch mit Web 2.0-Seiten verbunden sind (z.B. Ancestry App-Store-Link). Einige Schüler vertiefen ihre Arbeit nun noch freiwillig mit solchen Apps und werden vielleicht wie ich vor einigen Jahren erstaunt sein, wie viele Verwandte man gemeinsam zusammenbringt.