Soeben habe ich eine Unterrichtssequenz hinter mir, in der ich mit der Hälfte der Klasse Französisch machte, währenddessen die anderen entweder am Matheplan arbeiteten oder ihre zuletzt vorbereiteten Ideen mit Mindmaps, Skizzen und Dialogen in eine Geschichte umzuwandeln versuchten. Währenddem wir im Kreis laut waren und gezählt, Fragen gestellt und Gedichte rezitiert hatten, arbeiteten jene am Platz sehr ruhig und konzentriert.
Hier ein paar Beispiele, was die so machten.
Ein Junge stiess beim Aufsatz auf ein Problem. Er schreibt eine erfundene Geschichte über Mozart und wollte einen seiner Zeitgenossen in die Geschichte einbauen. Also suchte er ganz selbstverständlich im Internet und fand den Herrn Salieri.
Ein Mädchen schreibt den Aufsatz auf ihrem iPod touch. Aus Sicht von Erwachsenen scheint das ein Ding der Unmöglichkeit, für sie ist es offenbar kein Problem. Ob Powerpoint-Präsentationen oder Geschichten schreiben, all das geht für sie auch auf dem kleinen Display.
Er vergleicht seine Mathe-Resultate mit der Lösung.
Auch diese beiden sind am Aufsatz. Das Tablet liegt auf dem Tisch, Ablenkung droht aber keine. Wenn sie ein Wort nachschlagen wollen, ist die Hilfe nicht weit.
Ihm war es zu laut, also setzte er die Kopfhörer auf und hörte Musik. So war er konzentriert und liess sich vom Französisch der anderen Halbklasse nicht ablenken.
All das geschah absolut unaufgeregt. Der Unterricht mit digitalen Devices ist kein Spektakel. Sie dienen als Werkzeug und werden von den Kindern dann eingesetzt, wenn sie es für richtig halten. Nach über einem Jahr in einer BYOD-Klasse treffen sie ihre Entscheidungen ziemlich gut und eigenständig.
Übrigens: Bewegung kommt bei individuellen Pausen nicht zu kurz.
Super, Christoph!
Genau so habe ich jahrelang im Atelierplus gearbeitet. Man darf als Lehrperson dabei einfach nicht die Realität vergessen! Vielleicht suchen die Kinder die Spinnen auch einmal in der Natur, statt nur auf Google Search…
Umso wichtiger scheint mir, dass Lehrpersonen beide „Welten“ kennen. Die virtuelle Umgebung scheint mir momentan doch ein bisschen überbewertet und heutige Pädagogen sollten imstande sein, ausgleichend aber offen zu wirken.
Allerdings: Es wurden schon vor 20 Jahren Hellraumbilder abgezeichnet oder Arbeitsblätter mit Lückentexten versehen, obwohl beschriebener Bach sich in unmittelbarer Nähe befand..
Ihr habt es als Erzieher nicht leicht in der Epoche, in die ihr hineingewachsen seid: (technischer) Zukunftsglaube kontra bestehende, traditionelle (und nicht nur schlechte) Beziehungsgefüge.
Ich wünsche euch auf eurem Weg viel (Selbst-)Erkenntnis und jederzeit eine Prise Optimismus!
Lieber Christof Tschudi
Ich habe während der letzten 6 Jahre an einer Sekundarschule wenn immer sinnvoll das personal device meiner 12! Klassen ins Lernen miteinbezogen. Mehr oder weniger „notgedrungen“, wollte ich doch all die Kurzferate, Prüfungsvorbereitungen usw. jederzeit und überall zur Hand haben. Das heisst, die Arbeiten der SchülerInnen mussten smartphone-optimiert sein.
Während des Unterrichts, das heisst nach meiner Lehrzeit (was ist möglich, was nicht) wurde das Handy zum Präsentationsmittel. Im absoluten Idealfall (also nicht sehr oft) konnte ich mit ausgezeichneten A-Klassen bei günstiger Tageszeit Einzel- und Gruppenarbeiten durchführen.
Nun. Ich bin ein grosser Verfechter des „Lernen unterwegs“. Ich will, dass die SchülerInnen ihre Lernorte zumindest mitbestimmen – gerade so, wie wir dies während unserer ersten 6 Lebensjahre tun.
Beste Grüsse, Beat Rüedi