Neulich erhielt ich wieder einmal Besuch von ehemaligen Schülerinnen. Sie besuchen inzwischen die Oberstufe, an der jede ein Tablet von der Schule zur Verfügung gestellt erhält. Ich habe natürlich immer eine ganze Menge Fragen, wie es ihnen geht und wie ihnen der Wechsel von der Primar zur Oberstufe geglückt ist und vieles mehr. Unter anderem möchte ich jeweils auch erfahren, wie es mit dem Umgang von digitalen Geräten nach der Primarschule weitergeht.
Ihre Erzählungen decken sich mit dem, was ich auch aus anderen 1:1-Projekten schon mehrfach gehört habe.
Der Lehrer sagt uns, wann wir das Gerät brauchen dürfen. Wenn wir es sonst brauchen möchten, müssen wir fragen.
Ausserdem gilt während der Unterrichtszeit ein Handyverbot. Meine Ehemaligen wussten nicht so genau, warum das an ihrer Schule so ist. Ein anderer Lehrer hatte es mir mal erklärt: Das Tablet brauchen sie zum Arbeiten, das Handy zum Vergnügen. Also brauchen sie das Handy während dem Unterricht nicht. Soweit hört sich das logisch an und macht durchaus Sinn.
Ich bin Primarlehrer und mute mir nicht zu, zu beurteilen, wie man mit Oberstufenschülern umgehen soll. Aber ich stelle mir vor, wie die Schule im Verlauf der 9 Jahre die Kinder und Jugendlichen zu möglichst mündigen Personen bilden und erziehen soll. Durch ein Verbot lernen sie den verantwortungsvollen Umgang bestimmt nicht. Plötzlich über Nacht, wenn sie die Schulzeit abgeschlossen haben, können sie es dann?
Ein Schulleiter hat mir in einer Weiterbildung erzählt, die Schule mische sich da immer mehr in den Verantwortungsbereich der Eltern ein. Dies kann man durchaus auch in diesem Fall so sehen, schliesslich ist das Smartphone Privatsache. Trotzdem finde ich, dass wir bei uns an der Projektschule Goldau einen guten Weg gefunden haben.
Es beginnt mal damit, dass die Kinder ihr persönliches Gerät mitbringen und damit arbeiten. Es gibt keine klare Unterscheidung zwischen Spiel- und Arbeitsgerät. Sie wissen, dass das Gerät beides kann und lernen zu entscheiden, wann es Zeit für welchen Einsatz ist.
Bevor wir mit digitalen Geräten im Unterricht arbeiten, setzen wir uns intensiv damit auseinander, welche Spielregeln gelten sollen. Die Bedeutung einer Nutzungsvereinbarung wurde in diesem Blog schon mehrfach erläutert. Die Kinder werden in diese Arbeit stark einbezogen, ein Teil der Verantwortung wird ihnen übergeben.
Schüler, welche diese Verantwortung noch nicht tragen können, die werden enger begleitet und auch mal öfter kontrolliert. Wie man das immer macht, wenn ein Kind mit einer erwünschten Verhaltensweise Mühe hat. Ein Grund, es allen gleich zu verbieten ist dies aber nicht.
Im Verlauf des Schuljahres ist diese Nutzungsvereinbarung vereinzelt Thema und wir diskutieren, ob sie noch stimmt und wie es mit der Einhaltung klappt. Ausserdem kommen Themen auf natürliche Weise zur Sprache: Recht am Bild, Dynamik in Gruppenchats, Umgang mit Sozialen Netzwerken… um mal drei Beispiele zu nennen.
Das Ergebnis in den sieben vergangenen Schuljahren war bis anhin stets dasselbe: Die Kinder lernen, wann sie das Gerät benutzen und wann nicht und entscheiden selbständig darüber. Ohne bei mir um Erlaubnis zu fragen. Vorfälle, in denen sich Kinder während dem Unterricht in Chats oder Games aufhielten, lassen sich an einer Hand abzählen.
Dass die Eltern unserer Schülerinnen und Schüler dies schätzen, hat Christian Neff bereits in einem früheren Post genauer ausgeführt. Verantwortung nicht abnehmen, sondern mittragen ist hier wohl der Schlüssel.
Ein weiteres positives Beispiel habe ich von einer anderen Oberstufe gehört. Schüler dürfen dort während der Arbeit im Lernstudio Musik hören. Heutzutage macht man das ja mittels Youtube. Ergebnis: Videos werden angeschaut, weitergeklickt… die Ablenkung war ziemlich gross. In der Folge wurde das thematisiert und die Jugendlichen hatten die Idee, jeder könnte seine eigene Playlist mit guten Songs erstellen, welche er beim Lernen gerne hört. Nach dem Starten der Playlist verschwindet das Handy in der Hosentasche und die Musik läuft über die Kopfhörer. Dadurch arbeiten sie nun konzentriert und ruhig. Sie wurden von ihren Lehrpersonen auf ein Problem aufmerksam gemacht, hatten eigene Lösungsvorschläge und durften sich einbringen. Ergebnis: Es funktioniert für alle Beteiligten sehr zufriedenstellend.