Seit 16 Jahren setze ich Computer im Unterricht ein und mit jeder Klasse versuchte ich mehr aus. Mit der letzten Klasse trat ich an der First Lego League an und sie hatten dort auch Erfolg. Trotz der widrigsten Umstände (unserere Gemeinde hatte bis vor 8 Monaten keinen PC und keinen Internetanschluss im Programm) ist es mir immer wieder gelungen, neueste Trends auszuprobieren. Ich darf wohl sagen, meine Schüler waren unter den gegebenen Umständen klar überdurchschnittlich begabt in ICT. Und jetzt, was ist auch los? Seit Januar haben wir eine gut funktionierende ICT-Infrastruktur und ich setze die PC fast nur noch im Bereich „Lernen und Üben“ ein. Erst wenig haben wir uns mit der „Informationsbeschaffung und Kommunikation“ auseinandergesetzt und noch kein Projekt im „konstruktiv-kreativen“ angegangen. Das beschäftigt mich!
Es kann damit zusammenhängen, dass ich für die Einrichtung dieser Infrastruktur als ICT-Leiter der Gemeinde verantwortlich war und enorm viel Zeit nebst meinem Unterrichtspensum eingesetzt habe. Als Lehrperson gibt es immer wieder Phasen, wo das Hauptaugenmerk anderswo liegt und die Zeit anders genutzt wird. Wenn dieser Umstand der einzige Grund ist, kann ich davon ausgehen, dass ich ab dem Sommer wieder Vollgas geben kann und meine Schüler im ICT-Bereich wieder vorne dabei sind. Darauf freue ich mich!
Es kann aber auch mit etwas anderem zusammenhängen: Meine jetzige Klasse hatte erstmals in der 3./4. Klasse Englisch und ich werde den Eindruck nicht los, dass ihnen diese Zeit in den anderen Fächern (v.a. Mathe und Deutsch) gefehlt hat. In der 5./6. Klasse bei mir fallen dann nochmals zwei Lektionen Englisch weg und so merke ich tagtäglich, dass es einfach nicht mehr ist, wie vorher. Bisher waren die speziellen ICT-Projekte in meinen Klassen die Kür – sie lagen drin, weil die Pflicht zu erledigen war. In diesem Jahr arbeite ich vor allem am Pflichtprogramm und für die Kür fehlt einfach noch die Zeit. Ab nächsten Jahr ist nun ein Teil von ICT auch Pflicht, aber um dies zu erreichen, brauchts nicht viel, bzw. das haben sie bereits erreicht. Wir haben aber schon viel aufgeholt in der 5. Klasse und vielleicht liegt in der 6. Klasse auch noch die eine oder andere Kür drin. Das hoffe ich!
Was aber, wenn es in Zukunft immer so ist? Wenn ich jedes Jahr das Gefühl habe, es fehle zuviel vom Pflichtprogramm? Davor graut mir!
Hoi Christian,
Danke für Dein kritisches Nachdenken! Zwei Aspekte sind darin für mich spannend: Zum einen zeigt Deine Schilderung wieder einmal, dass die für ICT verantwortliche Lehrperson bei einer Neuausstattung selbst dann viel Zeit benötigt, wenn die Installation durch ein externes Unternehmen vorgenommen wird. In vorgängigen Budget- und Planungssitzungen wird dies oft angezweifelt.
Deine Befürchtung, dass immer mehr Stoff die Möglichkeiten der Lehrperson zu Kür-Elementen schmälert, beschäftigt mich als Förderer des sinnvollen und kreativen ICT-Einsatzes natürlich auch. Einerseits stelle ich mir ebenfalls die Frage, ob dies nur eine subjektive Einschätzung sei, oder ein allgemeiner Trend. Andererseits muss ich mich entscheiden, wie ich angesichts der vielfältigen Stoffforderungen (Englisch, Gesundheitserziehung, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung etc.) als ICT-Förderer verhalten soll: Zur Mässigung aller Stofforderungen aufrufen, damit die Schule nicht unter dem Stoffdruck zusammenbricht oder lauter fordern, damit „mein Thema“ zum Zug kommt?